Du, du und Sie

Über die feinen Unterschiede in der Kundenansprache

Da fiel doch selbst bei der von mir geschätzten Grafikerin sofort die Klappe runter. „Geht gar nicht!“ urteilte sie und gab damit dem Text den Gnadenstoß. Dabei hatte genau dieser Text beim Kunden zunächst volle Begeisterung ausgelöst. Was war passiert?

Nach einem sehr langen und intensiven Gespräch mit dem Existenzgründerpaar, bei dem ich mir wie immer ein genaues Bild vom Kunden und seiner Zielgruppe gemacht hatte, war ich von seinem Vorhaben begeistert wie selten. Eine fantastische Voraussetzung für den kreativen Flow, der mich dann zwar manche Stunde Schlaf kostet, aber auch zu äußerst befriedigenden Höchstleistungen anspornt. Die Texte für die neue Website flossen in einem Stil, der genau traf. Und was mich im ersten Moment überraschte, wie von selbst floss das „du“ in die Ansprache. Ich stutzte. Was war das? Ich wusste doch, dass ich zumindest teilweise ein Businesspublikum ansprach, wieso erlaubte sich das „du“ sich da einzuschleichen?

Ich ging in mich und befand nach reiflichem Überlegen: Diese Art „du“ ist in Ordnung an dieser Stelle. Denn es ist kein „du“, mit dem mein Kunde seine Kunden direkt anspricht, sondern ein „du“, das jeder benutzt, wenn er in Gedanken mit sich selber spricht – ein „du“ der Innenschau aus Kundensicht. Das war der entscheidende Grund, warum ich überzeugt war, dass es richtig sei, dieses Wagnis einzugehen.

Mein sichtlich von den Texten berührter Kunde legte diese seinen Freunden vor, die ihn analysierten und meinem Kunden die Augen für das „unpassende“ Du öffneten. Verunsichert wendete er sich ratsuchend an die Grafikerin. Ihr Urteil sollte entscheiden. Also musste ich – nicht ohne zähes Ringen und Erklären – den Text minimal ändern und das „du“ durch ein „Sie“ ersetzen.

Und so wurde aus:

Man trifft sich. Auf einen Café Noir, einen Remy Martin, ein Stückchen Trüffel Schokolade. Leise Musik, gedämpfte Stimmen – das Leben schenkt dir Momente der Ruhe. Du liebst es. Während des  Einkaufens, nach dem Büro oder bevor der Zug fährt.

Und dann … etwas davon mit nach Hause nehmen, etwas davon verschenken: Die Milde eines alten Chivas Whisky, die Ausgeglichenheit einer Montechristo Zigarre, die Sinnlichkeit einer Pecaré Nougat. Es ist dein Stil.

das:

Man trifft sich. Auf einen Café Noir, einen Remy Martin, ein Stückchen Trüffel Schokolade. Leise Musik, gedämpfte Stimmen – das Leben schenkt Ihnen Momente der Ruhe. Sie lieben es.

Und dann … etwas davon mit nach Hause nehmen, etwas davon verschenken: Die Milde eines alten Rum Zacapa, die Ausgeglichenheit einer Montechristo Zigarre, die Sinnlichkeit einer Pecaré Nougat. Es ist Ihr Stil.

Nuancen, und aus dem Zauber eines stillen Momentes wird Werbung. Aber vielleicht sehe ich das zu eng. Was meinst du? Oder was meinen Sie?