Biografie oder Ratgeber?

Seltsame Frage? Keineswegs! Auf den ersten Blick scheinen beide Genres, Biografien und Ratgeber, nichts miteinander gemein zu haben. Tatsache ist aber, dass nicht selten Menschen zu mir kommen, die sich diese Frage stellen. Meistens denken sie zunächst daran, eine Biografie schreiben zu lassen, da sie viel erlebt haben. Aber wer viel erlebt hat und sein Leben reflektiert, möchte nicht selten nur das Erlebte, sondern auch die daraus gewonnenen Erkenntnisse weitergeben. Diese sollen anderen für ihren beruflichen, privaten, gesundheitlichen, pädagogischen oder sonstigen Lebensbereich dienlich sein, sie vor Fallen warnen, Werkzeuge zur Bewältigung von Problemen an die Hand geben oder einfach nur anregen, eine andere Perspektive einzunehmen.

Kann man das nicht verbinden?

… ist die häufigste Frage, die dann gestellt wird. Die Antwort ist leider nicht so einfach. Klar, grundsätzlich kann man fast alles Geschriebene oder zu Schreibende miteinander verbinden. Ob das dann gut lesbar und sinnvoll ist, sei dahingestellt. Deshalb ist es wichtig – und zwar für den Auftraggeber ebenso wie für mich, zu Beginn genau zu ergründen, was er oder sie möchte. So frage ich zum Beispiel auch danach, woran der zukünftige Autor seinen Erfolg bemisst. Daran, dass die Kinder dankbar sind oder dass es in einem Verlag erscheint? Wo sieht sich die Autorin mit dem gedruckten Buch? In einer Buchhandlung, auf einer Fachtagung für Menschen mit Multipler Sklerose oder in einem Seminar für Unternehmensentwicklung? Das alles und viel mehr sind Hinweise darauf, in welche Richtung es geht.

Lebensgeschichte für die Nachkommen

So erhalten wir eine genauere Vorstellung davon, was wirklich wichtig ist und worauf es der Autorin ankommt. Das löst aber noch nicht das Problem, grenzt es allerdings entscheidend ein. Denn die Frage nach der Erfolgsmessung ist ausschlaggebender, als sich viele vorstellen. Wem es reicht, dass seine Lebensgeschichte in der Familie bewahrt bleibt, hat es am einfachsten. Der muss nämlich nicht an die Interessen eines großen Lesepublikums und an Verkaufszahlen denken. Der kann seine Autobiografie nach eigenem Gutdünken erstellen lassen, in Eigenregie veröffentlichen und seinen Nachfahren hinterlassen.

Autobiografien in Verlagen

Wer aber sein Buch gerne bei einem Verlag unterbringen möchte, muss sich fragen, ob er auf das Erzählen seiner Lebensgeschichte verzichten kann. Das tut weh, denn ist es doch gerade der ureigenste Lebensweg, der so einzigartig ist, auch wenn es um die daraus gewonnenen Erkenntnisse geht. Warum muss er denn überhaupt verzichten? Die Antwort ist so simpel wie wahr: Die großen Publikumsverlage haben kein Interesse an Biografien. Es sei denn, Sie sind Angela Merkel oder George Cluny. Da nutzt es leider auch nichts, wenn es noch so viel aus der Geschichte zu lernen gibt. Wie es eigentlich bei jeder gut geschriebenen Biografie der Fall sein sollte. Für Verlage rechnen sich autobiografische Werke weitgehend unbekannter Menschen nicht. Ja, es gibt Verlage, die sich auf biografische Werke spezialisiert haben, aber das sind in der Regel Zuschussverlage, wo Sie selbst für Marketing und Verkauf zuständig oder zumindest mitverantwortlich sind. Misst sich Ihr Erfolg nicht an den Verkaufszahlen, kann das eine gute Option sein.

Eine kleine Chance: die Filmvorlage

Fast alle autobiografischen Werke, die ich als Ghostwriterin geschrieben habe, waren es wert, verfilmt zu werden. Das liegt in der Natur der Sache, da die Menschen, die ein außerordentliches Leben gelebt haben, eher eine Autorin wie mich aufsuchen, die das angemessen darstellen kann. Dann liegt die Herausforderung einerseits darin, ein wirklich spannendes literarisches Werk daraus zu machen, andererseits darin, diejenigen zu finden, die das filmisch umsetzen können und wollen. Ohne entsprechende Kontakte eine Herausforderung allererster Sahne. Ersteres kann ich übernehmen, Letzteres ist Aufgabe des Auftraggebers. Außerdem muss er zu einem gewichtigen Kompromiss bereit sein: Ein literarisches Werk muss unbedingt den Gesetzen des guten Erzählens gehorchen. Dem muss zuweilen die Wahrheit, also das Geschehen, wie es wirklich ablief, geopfert werden. Das erträgt nicht jeder.

Ratschläge aus dem Leben

Schauen wir auf die andere Möglichkeit: den Ratgeber. Hier ist eine Einbindung autobiografischer Anteile in das Ratgeberwerk oftmals gut möglich. Anekdoten und Praxisbeispiele dienen als lebendiges Anschauungsmaterial und können eher trockene Unterweisungen bestens auflockern. Der Fokus hat sich jedoch verschoben: weg von der durchgängigen emotionalen Erzählung hin zu einem sachlichen gegliederten Nutzwerk. Wer sich dafür entscheidet, muss bereit sein, auf wesentliche Teile seiner Lebensgeschichte zu verzichten. Dafür kann er meist sehr authentisch seine Tipps und Ratschläge übermitteln. Und das sogar mit der Ghostwriterin, denn diese schreibt ja in seinem Sinne und Sprachduktus.