Richtig reflektieren

Jede gute Autobiografie enthält Reflexionen über die Erfahrungen und Erkenntnisse des Autors, ist also mehr als eine Aneinanderreihung von Ereignissen. Reflexionen stellen meines Erachtens einen größeren Gewinn für Leser und Leserinnen und nicht zuletzt für den Autor oder die Autorin selbst dar als die spannenden Geschehnisse. Sie geben den Lesenden Einblicke in die Gedanken und Gefühle des Schreibenden und helfen ihnen, Entscheidungen und Bewertungen von Ereignissen aus dessen Perspektive zu verstehen.

Was genau ist bei den Reflexionen zu beachten?

  1. Ehrlichkeit

Gefühle und Gedanken sollten so ehrlich und authentisch dargestellt werden wie möglich. Das gelingt umso besser, je näher die Schriftsprache der gesprochenen ist. Das heißt im Zweifelsfall sogar, den Stil zugunsten der Authentizität zu vernachlässigen.

  1. Lerneffekt

Erfahrungen sind ja nicht immer positiv. Es sind die Probleme und Niederlagen, aus denen wir lernen. Welche Einsichten wir aus welchen Lektionen gewonnen haben, ist daher ein wichtiger Bestandteil der Reflexionen.

  1. Bedeutung

Nicht alle Momente im Leben, auch nicht alle Niederlagen, sind für die eigene Entwicklung gleichermaßen entscheidend. Daher gilt es, die bedeutsamen Momente von den unbedeutenden zu unterscheiden und sich auf erstere zu konzentrieren.

  1. Originalität

So einmalig wie jedes Leben ist, so einmalig sollten auch die Reflexionen darüber sein. Klischees und abgedroschene Phrasen zeugen nur davon, dass diese Autobiografie der Welt nichts Neues zu sagen hat.

  1. Spielraum

So wichtig es ist, die eigenen Gedanken widerzugeben, so wichtig ist es aber auch, den Leserinnen und Lesern einen Spielraum für eigene Interpretationen zu lassen. Autoren sollten sich zurückhalten mit Erklärungen über sich. Das bedeutet auch, die Reflexionen als ganz eigene zu kennzeichnen und ggf. durch Fragen oder Anmerkungen dazu, die Lesenden den Freiraum für eigene Gedanken und Bewertungen zu geben.

Um es kurz auf den Punkt zu bringen: Es ist der Sinn des Lebens, der sich aus einer guten Autobiografie erschließt. Dazu habe ich schon im Beitrag „Was mir gute Autobiografien geben?“ einiges gesagt.